AWV-Interview mit Katharina Köhn (Hans-Seidel-Stiftung e.V., München) und Michael Hansmann (Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Sankt Augustin)

Wie sieht die Zukunft der Langzeitarchivierung von Webpräsenzen aus? Welche Rolle spielen Cloud-Computing und Social Media? 6 Fragen an Katharina Köhn (Hans-Seidel-Stiftung e.V., München) und Michael Hansmann (Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Sankt Augustin). Beide leiten gemeinsam den AWV-Arbeitskreis 6.2 "Dokumentation und Archivierung von Webpräsenzen".

Sie leiten seit April 2017 gemeinsam den AWV-Arbeitskreis "Dokumentation und Archivierung von Webpräsenzen". Was ist Ihre Motivation, sich für dieses Thema ehrenamtlich zu engagieren?

Der Kreis der „Webarchivierer“ ist noch sehr klein, obwohl sie aus den unterschiedlichsten Archivsparten kommen, da sind Netzwerke umso wichtiger. Der Austausch über Software, technische Entwicklungen, Tricks und Tipps bei der alltäglichen Arbeit und vor allem die juristischen Aspekte bei der Archivierung und möglichen Nutzung sind da ungeheuer wichtig. Sich zu vernetzen und eine Plattform zu schaffen hilft letztendlich auch dabei, vielleicht den gelegentlich etwas notwendigen Druck auf Entwickler und andere Verantwortliche aufzubauen, um zu praktikablen Lösungen in der Webarchivierung zu kommen. Ganz wichtig ist natürlich auch, noch mehr Einrichtungen und Interessierte über diesen Weg auf die Wichtigkeit der Webarchivierung aufmerksam zu machen und zur Mitarbeit im Arbeitskreis einzuladen, voneinander zu lernen und Wissen weiterzugeben.

Der Arbeitskreis besteht seit 10 Jahren. Welche Themen werden aktuell behandelt?

Ein ständiges  Thema seit der Gründung des Arbeitskreises ist die juristische Seite unserer Arbeit. Das fängt bei der Einholung von Genehmigungen für die Webarchivierung an und geht bis zur Bereitstellung für den Nutzer oder gar die Verfügbarmachung im Internet weiter. Es geht um Urheberrechte für Texte, Bilder, Audio- und Videoelemente. Bei der Archivierung von Sozialen Medien wie z. Bsp. Facebook könnte man sogar den Schutz von Personenrechten ins Feld führen. Die existierenden Regelungen sind für unsere Arbeit nicht ausreichend. Hier wollen wir ausloten, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt.

Welche fachlichen Schwerpunkte möchten Sie setzen?

Es gibt die „ewigen“ Schwerpunkte wie Technik und rechtliche Hintergründe, die stets auf der Agenda stehen, da sich u.a.  die technische Seite immer weiterentwickelt und nicht stehen bleibt.

Dazu zählen u.a. Fragen nach möglicher Software zur Webarchivierung, der Frage nach den Speichermedien zu Langzeitarchivierung und Problemlösungen. Hier wollen wir, wie bisher auch, sowohl die entsprechenden Anbieter und aktive Anwender in den Arbeitskreis einladen, um die jeweiligen Lösungen vorgestellt zu bekommen, als auch eigene Wünsche und Anregungen zu kommunizieren. Weitere Schwerpunkte ergeben sich häufig spontan im Austausch mit den Teilnehmern der Arbeitskreistreffen. Diese werden direkt behandelt bzw. auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung gesetzt. Ein weiterer Schwerpunkt soll der Ausbau der Webseite des Arbeitskreises sein: http://webarchivierung.awv-net.de.

Welcher Nutzen, der durch die Archivierung von Webpräsenzen generiert wird, ist für Sie der relevanteste und warum?

Webpräsenzen sind eine recht junge Quellengattung, aber auch für Sie gilt der Auftrag unserer jeweiligen Archive: Die für uns relevanten Unterlagen zu sichern. Die Archive der politischen Stiftungen haben dies in ihrem Dokumentations- und Sammlungsprofil http://www.kas.de/upload/dokumente/acdp/Broschuere_Sammlungsprofil_Archive_Politische_Stiftungen.pdf schriftlich definiert.

Das Netz vergisst eben doch. Für uns als Archiv ist es zunächst erstmal wichtig diese digitalen Quellen in unsere Bestände zu überführen. Dazu gehören eindeutig die Webpräsenzen. Diese gilt es dauerhaft nutzbar zu bewahren und nach Klärung rechtlicher Fragen, auch der Forschung zur Verfügung zu stellen.

Welche Herausforderungen bringen Cloud-Computing (oder Cloud Data, Big Data) und Soziale Netzwerke für die Webarchivierung mit sich?

Die Daten vor allem im Bereich Social Media sind wahnsinnig dynamisch, sekündlich können Daten auf einem Account hinzukommen oder gelöscht werden. Die Anbieter von Social Media Plattformen verdienen mit den Userdaten Geld, das muss man so klar sagen. Die Bereitschaft uns den Zugang zu diesen Daten zu ermöglichen ist daher eher gering. Ebenso muss geklärt werden, ob diese Daten archivwürdig und archivfähig sind. Dafür ist der Arbeitskreis eine gute Diskussionsplattform.

Ein ähnliches Problem ist bei Cloud-Computing zu beobachten. Der Anwender lädt Daten in eine Cloud. Die Fragen für uns sind dann, wo liegt die Cloud, welcher Rechtsbereich ist dort gültig, wie kommen wir an die Daten heran.

Sehen Sie Schnittmengen mit anderen AWV-Arbeitskreisen (Datenschutz...)?

Digitalisierung, Automatisierung von Arbeitsprozessen, Datenschutz und die Veränderung von Berufsbildern sind sicher nur ein paar Felder auf denen sich Schnittmengen zu anderen Arbeitskreisen des AWV finden lassen würden. Vor allem zum Arbeitskreis 6.3 sehen wir Schnittmengen, da dieser sich  mit dem Daten- und Speichermanagement beschäftigt. Hier hoffen wir zukünftig Kontakte knüpfen zu können um Synergieeffekte für unsere Arbeit erzielen zu können.

Foto: © Pixabay: Tim Reckmann